Beziehungen in Führung – wie Frauen klar bleiben & wirksam führen

Teil 3 der Blogserie „Female Leadership von innen heraus"


In dieser Serie geht es darum, wie Frauen heute führen – nicht durch Anpassung, sondern durch innere Klarheit, psychologische Tiefe und authentische Präsenz.

In Teil 1 ging es um die Frage, warum Führung innen beginnt. Teil 2 widmete sich dem Mut zur Vision – jenseits äußerer Titel oder Erwartungen.


Jetzt geht es darum, wie Sie starke Beziehungen gestalten können – mit Empathie und Klarheit, ohne sich selbst dabei zu verlieren.

Es gibt kaum eine Führungsdimension, die so kraftvoll und gleichzeitig so herausfordernd ist wie die Beziehungsgestaltung. Frauen führen oft durch Verbindung. Durch ein gutes Gespür für Stimmungen. Durch empathisches Zuhören. Durch Haltung statt Lautstärke.

Diese Form der Führung ist leise, aber stark. Und doch höre ich im Coaching immer wieder Sätze wie:
„Ich bin für alle da – aber oft vergesse ich mich selbst.“
„Ich weiß, wie wichtig Beziehung ist – aber wann ist es zu viel?“
„Ich möchte ein gutes Miteinander – und trotzdem klar führen.“

In diesen Sätzen steckt ein Spannungsfeld, das viele Frauen in Verantwortung erleben. Denn Beziehungsorientierung ist eine große Stärke – kann aber zur Falle werden, wenn Grenzen fehlen. Dann wird aus Fürsorge Überverantwortung. Aus Nähe wird Unklarheit. Und aus Vertrauen ein Zögern, das schwer macht, was eigentlich leicht sein sollte: Entscheidungen treffen.

Warum Beziehung für Frauen in Führung oft doppelt aufgeladen ist

Viele Frauen, die führen, erleben sich als Brückenbauerinnen. Sie achten auf Teamdynamik, auf Resonanz, auf Balance. Und genau darin liegt ihr Wert: Sie sehen, was andere nicht sehen. Sie schaffen Räume, in denen Menschen sich entwickeln, sicher fühlen, mutiger werden.

Doch gleichzeitig sind sie oft mit unbewussten Erwartungen konfrontiert. Sie sollen klar und empathisch sein. Bestimmt, aber nicht zu dominant. Nahbar, aber bitte professionell. Wer diese Balance nicht reflektiert, gerät leicht unter Druck – innerlich wie äußerlich.

Studien zeigen, dass Frauen in Führungspositionen überdurchschnittlich häufig an relationalen Kompetenzen gemessen werden, aber weniger für strategische Klarheit oder Ergebnisorientierung wahrgenommen werden¹. Das heißt: Beziehung wird erwartet – Wirkung aber oft nur anerkannt, wenn sie sich „wie Männlichkeit“ anfühlt. Auch das gehört zu den inneren Spannungen, mit denen viele meiner Klientinnen arbeiten.

Beziehungen als Ressource – nicht als Verpflichtung

Beziehungen sind nicht dazu da, um es allen recht zu machen. Sondern um etwas Gemeinsames zu ermöglichen. Wirklich tragfähige Beziehungen zeichnen sich nicht durch Harmonie aus – sondern durch Vertrauen, das auch Differenz aushält.

In Führung heißt das: Ich darf klar sein. Ich darf Erwartungen formulieren. Ich darf auch Unbeliebtes ansprechen – und gleichzeitig den Kontakt halten. Ich darf entscheiden – und trotzdem verbunden bleiben.

Das ist kein Entweder-oder, sondern eine innere Haltung: Ich diene nicht der Beziehung, sondern dem Auftrag. Und die Beziehung ist ein Mittel, diesen Auftrag gemeinsam gut zu erfüllen.

Zwischen Klarheit und Empathie: eine innere Justierung

In einem Coachingprozess beschrieb eine Klientin sehr eindrücklich, wie sie das Gefühl hatte, zwischen den Stühlen zu sitzen. Sie leitete ein Team in einer Non-Profit-Organisation, war von allen geschätzt, präsent, immer ansprechbar. Aber: Sie spürte, dass ihre Führungswirkung schwächer wurde. Manche Kolleg:innen nahmen sie nicht mehr richtig ernst. Entscheidungen wurden infrage gestellt, Erwartungen an sie stiegen ins Unermessliche.

Im Coaching erkannte sie, dass sie Nähe mit Gefälligkeit verwechselt hatte. Sie wollte es gut machen – und verlor sich selbst. Erst, als sie ihre Rolle neu definierte, veränderte sich etwas: Sie sprach über Erwartungen, formulierte ihre Grenzen und benannte Aufgaben klarer. Sie blieb empathisch – aber wurde klar. Und mit dieser Klarheit kam Respekt zurück.

Es war kein harter Bruch. Kein Stilwechsel. Sondern eine sanfte, aber wirksame innere Bewegung. Weg von der Idee, alles mittragen zu müssen – hin zur Bereitschaft, Führung zu übernehmen. Nicht gegen andere. Sondern mit Haltung.

Psychologische Sicherheit braucht Haltung – nicht Nettigkeit

Wenn Teams vertrauen, wenn Menschen sich zeigen dürfen, entsteht das, was Amy Edmondson als „psychologische Sicherheit“ bezeichnet – ein zentraler Faktor für Lernkultur, Kreativität und Innovation². Doch Sicherheit entsteht nicht durch ständige Harmonie. Sondern durch Konsistenz, Klarheit und Offenheit.

Gerade Frauen in Führung können diese Art von Sicherheit besonders gut fördern – wenn sie sich erlauben, nicht nur zu verstehen, sondern auch zu fordern. Nicht nur zu hören, sondern auch zu halten. Nicht nur zu begleiten, sondern auch zu leiten.

Das erfordert Mut. Denn es bedeutet, auch mal Spannungen zuzulassen. Verantwortung zu übernehmen. Entscheidungen zu treffen, die nicht allen gefallen – aber dem größeren Ganzen dienen.

Beziehungspflege als strategischer Akt

Beziehungsorientierung ist eine Kompetenz – keine Last. Doch sie entfaltet erst dann ihre volle Kraft, wenn sie bewusst eingesetzt wird. Viele Frauen investieren viel Energie in Beziehungspflege – aber fühlen sich oft ausgenutzt oder übergangen. Nicht, weil sie zu viel geben. Sondern, weil sie vergessen, dass sie auch nehmen dürfen.

Es ist ein wichtiger Entwicklungsschritt zu erkennen: Ich darf Beziehungen auch nutzen. Ich darf Menschen um Hilfe bitten. Ich darf mein Netzwerk aktivieren – nicht nur, um zu unterstützen, sondern um unterstützt zu werden. Das hat nichts mit Manipulation zu tun. Sondern mit gesundem strategischen Denken.

Gerade in komplexen Umfeldern ist Beziehungskapital ein wertvoller Erfolgsfaktor. Wer es frühzeitig aufbaut, kann in schwierigen Zeiten darauf zurückgreifen. Und wer weiß, welche Beziehungen für die eigene Zukunft wichtig sind, kann bewusst investieren – ohne sich zu verausgaben.

Reflexionsimpuls: Wie gestalten Sie Beziehung?

Es kann hilfreich sein, sich selbst ein paar Fragen zu stellen:

  • In welchen Beziehungen fühle ich mich genährt – in welchen erschöpft?

  • Wo übernehme ich Verantwortung, die nicht (mehr) meine ist?

  • Wo darf ich klarer werden, ohne den Kontakt zu verlieren?

  • Wie viel Nähe ist hilfreich – und wann wird sie zur Vermeidung?

Diese Reflexion ist keine Kritik – sondern eine Einladung, Ihre Beziehungsenergie zu ehren. Und bewusst zu steuern.

Fazit: Nähe und Klarheit schließen sich nicht aus

Female Leadership braucht Beziehung – aber keine Aufopferung. Sie braucht Nähe – aber keine Selbstvergessenheit. Und sie braucht Klarheit – ohne Härte.

Wenn Frauen lernen, beides zu halten – das Bedürfnis nach Verbindung und die Verantwortung für sich selbst – entsteht eine neue Qualität von Führung. Authentisch. Berührbar. Und wirksam.

Denn echte Beziehung entsteht nicht, wenn wir uns selbst verlieren. Sondern wenn wir verbunden bleiben – mit anderen und mit uns selbst.

Wei geht es weiter? in zwei Wochen wartet Teil 4 auf Sie: „Vom Tun zur Führung – dein inneres CEO-Mindset“

📚 Quellen

¹ Catalyst (2020): Why Diversity and Inclusion Matter: Quick Takes.
² Edmondson, A. (2019): The Fearless Organization: Creating Psychological Safety in the Workplace for Learning, Innovation, and Growth. Wiley.

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